Viele Verwalter haben für den Eigentümer die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes ausgefüllt und auch abgegeben. Nach Erlass des Bescheids über den Grundsteuerwert haben viele Verwalter dagegen auch Einspruch eingelegt, da erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des neuen Gesetzes und insbesondere der besonderen Regeln über die Bewertung des Grundstücks bestehen. Zur Begründung des Einspruchs haben wir ihnen ein Muster zur Verfügung gestellt. In letzter Zeit haben einige Finanzämter die Einsprüche der Verwalter jedoch zurückgewiesen, da diese dazu angeblich nicht befugt seien. Diese Auffassung entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Sie sollten daher gegen eine solche Zurückweisung Einspruch einlegen. Zur Begründung können Sie den nachfolgenden Text verwenden.
Einspruch gegen Zurückweisung - Mustertext
Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Die eingeschränkte Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen für das verwaltete Vermögen nach § 4 Nr. 4 StBerG berechtigt den Grundstücksverwalter jedoch auch zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert.
Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen ist grundsätzlich den Inhabern der Befugnis zu unbeschränkter Hilfeleistung in Steuersachen (§ 3 StBerG) vorbehalten. In den Ausnahmefällen des § 4 StBerG steht auch anderen Personen eine Befugnis zur Hilfeleistung in Steursachen zu. Diese ist jedoch inhaltlich durch den Rahmen ihrer Tätigkeit beschränkt. Bei den in § 4 StBerG genannten Hilfeleistung handelt es sich um notwendige Hilfstätigkeiten im Rahmen der Hauptaufgabe oder um Tätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen. Da die Befugnisvorbehalte und Befugnisbeschränkungen Eingriffe in die durch Art. 12 Grundgesetz (GG) geschützte Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung darstellen, muss sich ihre Auslegung an dem Grundrechtsschutz des Art. 12 Grundgesetz (GG) und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit orientieren. Die Beschränkungen sind nur insoweit verfassungsmäßig wie sie zum Schutz der Steuerrechtspflege und der Interessen des Steuerpflichtigen erforderlich sind. Eine restriktive Auslegung des § 4 StBerG mit der Begründung, es handele sich um eine Ausnahmeregelung, ist daher nicht zulässig (BFH, Urt. v. 9.11.1982 – Az. VIII R 217/89).
Nach § 4 Nr. 4 StBerG sind Verwalter fremden Vermögens berechtigt, hinsichtlich dieses Vermögens geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Bei der Haus- und Grundbesitzverwaltung umfasst diese Berechtigung sämtliche Fragen zur Grundsteuer und zur Einheitsbewertung (Riddermann in Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, § 4 StBerG, Rdn. 34). Zwar hat der BFH die mit dem o.g. Urteil vom 9.11.1982 aufgestellt Lehre von der Kenntnisrelevanz, nach der der Verwalter sämtliche steuerlichen Angelegenheiten betreffend das verwaltete Vermögen miterledigen dürfe, mit Urteil vom 10.3.2015 – Az. VII R 12/14 – (NWB 20/2015 S. 1450) eingeschränkt und entschieden, dass sich die Befugnis nur auf das verwaltete Vermögen bezieht. Dagegen ist die Befugnis des Verwalters überschritten, wenn es um die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen oder der Umsatzsteuererklärung geht, da sich diese Erklärungen nicht allein auf das Grundstück beziehen, sondern auch die persönlichen Verhältnisse des Erklärungspflichtigen und dessen weitere Tätigkeiten berücksichtigen. Mit dieser Entscheidung hat der BFH die Befugnis des Verwalters nach § 4 Nr. 4 StBerG nicht hinsichtlich der Art seiner Hilfeleistung beschränkt, sondern nur hinsichtlich des Gegenstandes, auf den sich diese bezieht (vgl. Sauren, Hilfe in Steuersachen: Was dürfen Haus- bzw. Wohnungseigentumsverwalter als Sachwalter fremden Vermögens? NZM, 2015, 809 und Beck, GE 2015, 641).
Auch nach dieser Entscheidung des BFH steht dem Grundstücksverwalter daher eine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen zu, soweit sie ausschließlich das verwaltete Vermögen betrifft. Diese Voraussetzung ist bei Fragen der Grundsteuer und insbesondere der Feststellung des Grundsteuerwertes erfüllt. Denn dabei sind weder persönliche Umstände des Eigentümers noch irgendwelche außerhalb des Grundstücks liegenden Daten zu berücksichtigen.
Eine Einschränkung des § 4 Nr. 4 StBerG, dass der Verwalter zwar die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes einreichen dürfe, aber nicht befugt sei, gegen die Feststellung des Grundsteuerwertes Einspruch einzulegen, ist daher nicht gerechtfertigt. Eine solche Einschränkung ist nicht erforderlich, um die Interessen des Eigentümers zu wahren. Denn durch eine fristgerechte Einlegung des Einspruchs können die Interessen des Eigentümers nicht verletzt werden. Der Einspruch dient, wie der vorliegende Fall deutlich macht, vielmehr dazu, die Interessen des Eigentümers zu wahren.
Aber auch die Interessen der Steuerrechtspflege werden durch die Einlegung eines Einspruchs durch den Grundstücksverwalter nicht gefährdet oder verletzt. In inhaltlicher Hinsicht ist niemand besser geeignet, den Einspruch zu begründen als der Verwalter, da dieser die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes erstellt hat und die maßgeblichen Daten des Grundstücks besser kennt als jeder andere. Besondere juristische Kenntnisse sind hierfür nicht erforderlich. Auch soweit der Verwalter geltend macht, das neue Grundsteuergesetz und insbesondere der 7. Abschnitt des Bewertungsgesetzes seien verfassungswidrig, bedarf es keiner fundierten verfassungsrechtlichen Kenntnisse, da es Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein wird, darüber zu befinden.
Schließlich ergibt sich auch aus den formalen Erfordernissen der Abgabenordnung kein Grund, dem Verwalter die Einlegung des Einspruchs zu verwehren. Denn der Bescheid der Finanzverwaltung enthält eine ausführliche und präzise Rechtsmittelbelehrung, sodass die Erfüllung der formalen Erfordernisse und die Einhaltung der Einspruchsfrist ohne weiteres möglich ist. Die Zurückweisung des von dem Verwalter eingelegten Einspruches ist deshalb rechtswidrig und verstößt insbesondere gegen die in Art. 12 GG geschützte Freiheit der Berufsausübung. Der Steuerrechtspflege würde es mehr dienen, wenn die Finanzverwaltung den Bescheid über den Grundsteuerwert unter den Vorbehalt der Nachprüfung stellen würde, an statt neue „Nebenkriegsschauplätze“ zu eröffnen.